Umfassend ist die Veröffentlichung „Nirgendwo erwünscht. Zur Armutsmigration aus Zentral- und Südosteuropa in die Länder der EU-15 unter besonderer Berücksichtigung von Angehörigen der Roma-Minderheiten“ vonMax Matter, zuletzt bis 2016 Professor und Direktor des Instituts für Volkskunde der Universität Freiburg. Er beleuchtet die historische Entwicklung der Zuwanderung, die Situation nach der Aufnahme Bulgariens und Rumä-niens in die EU in den Herkunftsländern wie auch in Deutschland und stellt die Maßnahmen der EU zur Integration der Roma ebenso
vor wie die Position der Bundesregierung. Dabei übersieht der Autor auch nicht die Rolle von Politik und Medien. Ausdrücklich versteht Matter seine Veröffentlichung als „Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über die Zuwanderung aus Südosteuropa“.
Besonders spannend erscheinen zwei Kapitel. Unter „Steine des Anstoßes“ geht Mattes auf (vermeintlich) deviantes Verhalten ein – Müllprobleme, Lärm, Bettlerbanden, Schlepperwesen. Dabei gelingt es ihm, die Hintergründe für Verhaltensweisen ebenso herauszuarbeiten, wie angebliche „Wahrheiten“ ins rechte Licht zu rücken. Zahlreiche Expert*innen, die seit Jahren mit Roma Gemeinschaften zusammenarbeiten, kommen zu Wort und zeigen, dass es z.B. in Clans zwar „Ansehenshierarchien oder Abhängigkeiten“ gibt, die Legende vom rei-chen Clanchef oder „Zigeunerkönigen“ aber eben das sei – zumeist eine Legende. Statt-dessen wird auf Netzwerke verwiesen, in denen oft Nicht-Roma das „große Geld mach(t)en“.
Im letzten Kapitel „Was bleibt zu tun“ zeigt Matter Empfehlungen auf. Insbesondere verweist er darauf, dass der EU-Handluns-rahmen durch eigene „koordinierte Maßnahmebündel“ unterfüttert werden müsse, denn: „Ob Integration von Roma gelingen kann, hängt von der Integrationskraft der Städte ab“, so der Tenor. Dementsprechend müsse ein umfassendes Hilfsprogramm für betroffene Städte initiiert werden, das einen „finanziellen Gestaltungsspielraum schafft“. Dabei gelte es, gerade auch die Organisationen der Roma und Sinti zu stärken und in diesen Prozess einzubeziehen. Daneben sei genauso wichtig, die Wahrnehmung in der Mehrheitsgesellschaft zu ändern – hier spielen die Medien mit ihrer Berichterstattung ebenso eine Rolle wie die Thematisierung und Bearbeitung antiziganistischer Bilder in den Köpfen der Menschen.
Matter, Max (2015): „Nirgendwo erwünscht. Zur Armutsmigration aus Zentral- und Südosteuropa in die Länder der EU-15 unter besonderer Berücksichtigung von Angehörigen der Roma-Minderheiten.“ Wochenschau Verlag, Schwalbach.