Das Coronavirus hat bei mir wie bei den meisten den Alltag auf dem Kopf gestellt. Man stand plötzlich vor neuen unbekannten Situationen, nicht nur im privaten, sondern auch im Arbeitsalltag. Ohne Vorwarnung und Vorbereitung wurden die tägliche Arbeitsroutine, der bisher immer gleiche Tagesablauf aus der Bahn geworfen und die Arbeitsweisen mussten neu definiert werden. 

Mein Name ist Tatjana Mik, ich bin fast 32 Jahre alt, lebe in Quakenbrück und habe im März 2020 die Quartiersarbeit in Quakenbrück – Neustadt übernommen. Der Stadtteil Quakenbrück-Neustadt ist ein lebendiger und multikultureller Stadtteil. Hier leben Menschen aus vielen Nationen zusammen. Die aktuelle Einwohnerzahl in der Neustadt liegt bei 4.599 (Stand Sept. 2020) Bürger*innen, davon haben 54,06 % mit Migrationshintergrund. 

In diesem Beitrag möchte ich, dass letzte Jahr Revue passieren lassen und berichten wie ich die Corona – Pandemie in meiner Arbeit erlebt habe und diese meinen Start als Quartiersmanagerin und die Arbeit im Quartier beeinflusst hat.

Einarbeitung in Zeiten der Pandemie 

Die Arbeit des Quartiersmanagements hängt von Begegnungen und persönlichen Gesprächen ab. Durch Veranstaltungen, Projekten, Aktionen und Dialogen im Quartier erreicht man die Bewohner*innen, aktiviert und beteiligt die Mitbürger*innen und ermöglicht Mitwirkung. 

Darauf hatte ich mich eingestellt, das wäre meine Arbeit gewesen. Aber zwei Wochen nachdem ich die Stelle übernommen hatte, startete der Lockdown und ich landete im Home-Office. 

Eigentlich waren meine ersten Tage und Wochen für die Einarbeitung vor Ort geplant gewesen – ich wollte mich persönlich den Akteuren*innen im Quartier vorstellen, mich mit ihnen austauschen. Ich hätte den Stadtteil und die Nachbarschaft bei regelmäßigen Rundgängen intensiv kennengelernt. Meine Kollegin vom Projekt „Wir für die Neustadt“, die ganz eng mit gerade randständigen Gruppen zusammenarbeitet, hätte mich den Bewohnern*innen vorgestellt. Wir wollten uns Gedanken zum Tag der Offenen Türen für die angrenzende Kleingartenanlage im Quartier machen, Aktionen für den Fest der Kulturen planen und vieles mehr. 

Im ersten Lockdown war vieles, was immer stattgefunden hatte und was ich fortführen wollte, ganz plötzlich nicht mehr möglich. Statt mich aktiv im Quartier zu bewegen saß ich zu Hause und versuchte im Homeoffice produktiv zu arbeiten. Der eigene Schreibtisch zu Hause wurde zum Büro und wenn ich ehrlich bin auch ziemlich oft der Esstisch oder sogar der Teppichboden, gerade, wenn ich parallel meine Kinder betreuen durfte. 

Meine Einarbeitung verlief digital. Ich hatte dabei den Vorteil, dass meine Vorgängerin immer noch meine Ansprechpartnerin ist und sie mich per Skype weiter eingearbeitet hat. Das führte dazu, dass ich mich trotz der Hürden schneller ins Quartier eindenken konnte und Sicherheit bekam. 

Unsicherheiten gemeinsam meistern 

Eine positive Entwicklung der Pandemie ist die Digitalisierung – digitale Tools erleichtern die Zusammenarbeit, so die Idee. Im Team des Ibis Instituts, über das ich als Quartiersmanagerin angestellt bin, haben wir direkt in den ersten Wochen mit regelmäßigen Teamsitzungen per Videochat gestartet. Das gab und gibt mir und allen im Team die Freiheit und die Möglichkeit, sich trotz der Kontaktbeschränkung einerseits auszutauschen, gemeinsam Ideen und Inspirationen uns Lösungen zu entwickeln, anderseits aber sich selbst und seine Arbeit zu reflektieren. 

So habe ich auch direkt eine Einsicht bekommen, wie die anderen Gemeinden und Städte unterschiedlich mir der aktuellen Lage umgehen, aber auch wie die Kollegen*innen in den anderen Quartieren ihre Arbeit weiterhin bewältigen. Gemeinsam wurden wir kreativer und haben Ideen verfeinert und aus Projekten und Erfahrungen der anderen profitiert. 

Diese digitale Möglichkeit erleichterte mir damit nicht nur die Einarbeitung in die Quartiersarbeit. Ohne die Pandemie würde ich mein Team von Ibis Institut wahrscheinlich nicht so schnell kennenlernen, da wir in Niedersachsen und NRW sitzen und uns so einige Kilometer trennen. Der regelmäßige Austausch per Videokonferenz gab mir von Beginn an das Gefühl, dazuzugehören. Auch wenn ich vor Ort ein „Einzelkämpferin“ bin, weiß ich dass ich neben der Kollegin vom Projekt „Wir für die Neustadt“, die vor Ort mit mir arbeitet, weitere Kollegen*innen habe, die mir den Rücken stärken und mich bei meiner Arbeit unterstützen. 

Schwieriger war dagegen, dass während dieser Zeit regelmäßige Arbeitskreise, Angebote, Sitzungen und Veranstaltungen in Quakenbrück und Umgebung entfielen. Die Netzwerkpartner*innen waren im ersten Lockdown damit beschäftigt, sich selbst umzustrukturieren und die Arbeitsweisen an die neue Situation anzupassen. Die digitalen Instrumente wurden und werden dabei bis heute sehr unterschiedlich genutzt. 

Manchmal scheitert es nicht nur an der Unwissenheit bezüglich der digitalen Tools, sondern auch an der fehlenden technischen Ausstattung. Deswegen sind einige Arbeitsgruppen seit einem Jahr inaktiv. Im ersten Lockdown stand die Netzwerkarbeit in den ersten Wochen still. Gerade in der Corona Zeit wurde mir deutlich, wie wichtig die Netzwerkarbeit ist und welche Prozesse damit verbunden sind.

Wenn die Arbeitsgruppen ins Digitale überführt wurden, habe ich – gerade als Neuling – sehr von den Arbeitsgruppen und dem Austausch, der dort immer stattfindet, profitiert. Auch hier erfuhr ich nicht nur, wo welche Projekte und Angebote gerade laufen, sondern welche Problematik gerade sehr aktuell ist oder welche Fälle akut sind. Dementsprechend konnten gemeinsam Lösungen und Ideen gesucht werden. Durch die Dialoge in den Arbeitsgruppen können Projekte effektiver gestaltet und schneller an die Öffentlichkeit getragen werden. Außerdem hatte ich den Vorteil, dass mich die meisten Netzwerkpartnern*innen, die Verwaltung und Politiker*innen durch meine vorherige Arbeit in der Gemeinde, kannten und ich von meiner Vorgängerin gut eingeführt worden war. 

Der erste Lockdown

Wie sah nun die konkrete Arbeit im Lockdown aus? Beginnen möchte ich mit einer Veranstaltung, die direkt noch vor dem Lockdown in meinen ersten Wochen als Quartiersmanagerin stattfand: wir haben für den internationalen Weltfrauentag zum zweiten Mal mit mehreren sozialen Akteurinnen eine Veranstaltung für die Frauen aus der Samtgemeinde Artland geplant.  

Schon zu diesem Zeitpunkt haben wir feststellen müssen, dass die Thematik „Corona“ eine große Angst mit sich gebracht hat. Die Veranstaltung war schlecht besucht. Die Frauen, die kommen wollten, hatten Angst vor dem neuen Virus. Wir haben an diesem Tag mitbekommen, dass viele Familien ihre Kinder bei den Kindergärten abgemeldet hatten oder sogar nicht mehr zur Schule schickten. Gerade die Familien mit Migrationshintergrund hatten schon zu diesem Zeitpunkt Angst vor dem unbekannten Virus. Die Nachrichten in Deutschland über das Coronavirus waren noch nicht so intensiv in den Medien wie in anderen Ländern. 

Wir professionellen Akteurinnen fanden diese Situation und die Auswirkung auf unsere Veranstaltung seltsam. Damals hatten wir uns nicht vorstellen können, welchen Auswirkungen und Herausforderungen wir uns noch im Jahr 2020 stellen mussten. 

Als es dann zum ersten Lockdown kam, waren die Auswirkung der Maßnahmen noch nicht direkt so stark spürbar. Die Menschen haben sich an die Regel gehalten und haben ihren Alltag umstrukturiert. Einige waren in Kurzarbeit, andere im Homeoffice. Es funktionierte alles noch relativ problemlos. 

Die Angst vor dem Virus aber war groß. 

Nachbarschaftshilfe  

Positiv war von Beginn an im ersten Lockdown, dass mit der neuen Situation neue Solidarität und Hilfsbereitschaft im Quartier entstand. 

Auch bei mir fragten Bewohner*innen, die Ideen fürs Quartier, sich als Helfer*innen angeboten oder Interessen an Angeboten hatten, an. Ich konnte dann zwischen Verwaltung und den Bewohnern vermittelt und geschaut, ob z.B. ein „Gabenzaun“ bei uns in Frage käme oder wie man die örtliche Tafel unterstützen könnte.

Aber auch ganz unabhängig von meiner Unterstützung haben sich in beeindruckender Weise Corona Nachbarschaftshilfen vor Ort organisiert. Es gab viele Ehrenamtliche, die sich im direkten Umfeld bereit erklärten, unterschiedliche Alltagshilfsangebote zu übernehmen, wie z.B. Einkaufen gehen, Kurierfahrten, Haustierbetreuung, etc. Koordiniert wurde das über die Verwaltung der Stadt. Außerdem haben sich die DLRG Quakenbrück und der hiesige Lebensmittelmarkt „Edeka“ zusammengeschlossen und ein Einkaufsservices angeboten. 

Eine sehr gelungene Nachbarschaftsaktion hat das Seniorenheim im Quartier dann im zweiten Lockdown zu Weihnachten erlebt. Hier wurden die Bewohner*innen selbst aktiv und haben Weihnachtsgrüße, Briefe, Bilder und Postkarten an die Senioren*innen verschickt. Die Bewohner*innen des Seniorenheims waren überwältig und froh über die schöne Geste. 

Aktivierung in Zeiten von Corona

Gemeinsam mit meiner Kollegin im Quartier habe ich mir die Frage gestellt, wie wir parallel zu solchen Aktionen die Menschen in unseren Quartier erreichen und aktivieren können. Die Pandemiesituation war eine Chance eigene Angebotsstrukturen zu überdenken und neu zu justieren. Das Angebotskatalog im ersten Lockdown war ideenreich und tatsächlich haben wir auch von den Ideen der Bewohner*innen unseres Quartiers profitiert. 

Auch unser Quartier erstrahlte im Frühjahr mit vielen Regenbögen im Fenstern und an Türen. Bei den Rundgängen entdeckten wir jedes Mal neue Bilder, die ermunterten, die zeigten „Wir bleiben zu Hause“ und „Ihr seid nicht allein“. Die Familien waren kreativ, die Regenbögen waren mit Finger- oder Fensterfarbe gemalt, oder einfach auf Papier und angeklebt. 

Davon angeregt wollten wir mit dem Projekt „Fenstershooting“ den Alltag in Zeiten von Corona mit etwas Kreativität beleben und festhalten. Gemeinsam mit dem hiesigen Fotografen sind wir zu Familien gegangen und haben mit genügend Sicherheitsabstand Bilder von ihnen gemacht. Damit wollten wir zeigen „Wir sitzen alle im selben Boot (nämlich zu Hause), aber wir halten zusammen und bleiben aktiv“. Um den Weg in die Familien zu finden, haben wir über Facebook und Co. dazu aufgerufen, mitzumachen.

Bei der Planung und Vorbereitung der Aktion war ich noch sehr euphorisch, dass viele mitmachen würden. Schließlich habe ich bei der Recherche und den Erfahrungsberichten der Kolleginnen mitbekommen, dass ähnliche „Fenstershootingsaktionen“ sehr erfolgreich in anderen Kommunen und Städten waren. In Quakenbrück konnte die Idee leider nicht zünden, es gab bei uns für diese Aktion wenig Resonanz. 

In der Weihnachtszeit haben wir dann eine ganz andere Erfahrung gemacht. Gemeinsam mit der Samtgemeinde Bücherei haben wir eine weihnachtliche Mitmachaktion geplant und kleine Beutel zusammengestellt, die die Vorweihnachtszeit versüßen sollten.

Die Kinder freuten sich über diese Aktion und haben fleißig Bilder bei uns abgegeben, das Feedback war sehr groß.

Erklären, warum das Fotoshooting wenig angenommen wurde, die Mitmachaktion jedoch ein voller Erfolg wurde, kann ich bis heute nicht. Corona hat mir da wieder einmal gezeigt, Arbeit im quartier ist auch immer „Trial and Error“.

Digitalisierung der Bürgerbeteiligung

Neben solchen spezifischen Aktionen sollte natürlich auch die Partizipation der Bürger*innen fortgeführt werden. Möglichst viele gesellschaftliche Prozesse mussten deswegen innerhalb einiger Monate digital umgestaltet werden.

Bei uns im Quartier haben wir aber schon im Frühjahr festgestellt, dass damit leider nicht alle erreicht werden können. Einerseits weil die nötigen technischen Instrumente fehlen, aber auch die Fähigkeit und die Kenntnis damit umzugehen. Anderseits haben auch einige einfach kein Interesse daran. Hinzu kommen noch die Sprachbarrieren. 

So haben wir zum Beispiel, von einigen Eltern mit Migrationshintergrund mitbekommen, dass sie mit dem Programm der Schule „IServ“ in den ersten Wochen nicht zurecht kamen bzw. nicht wussten das die Kinder über „IServ“ aufgaben für die Woche bekommen oder dort neue Informationen von den Lehrern*innen zu finden sind. Hierbei spielte die Sprachbarriere eine größere Rolle, die Eltern haben den Brief der Schule nicht richtig verstanden und brauchten eine Unterstützung bei der Einführung des Programms „IServ“. 

Außerdem haben wir feststellen müssen, wenn Projekte nur über digitale Wege in der Öffentlichkeit präsentiert wurden (Facebook, Homepage etc.) z.B. Angebote der VHS, Ferienfreizeitprogramme oder Angebote im Quartier, ist die Beteiligung nicht so groß oder man kriegt eine Rückmeldung „Davon haben wir nichts mitbekommen“. 

Außerdem mussten wir uns selber, die Netzwerkpartner*innen und die Verwaltung auch erstmal neu digital orientieren, dadurch dauerte einiges länger oder es kam vieles nicht in Frage. 

Wir versuchen seit dem ersten Lockdown eine gute Mischung in die Quartiersarbeit zu installieren, indem wir digitale Räume anbieten, z.B. Angebote per WhatsApp-Gruppen, oder Facebook Seite, aber soweit wie möglich auch analoge Möglichkeiten einbeziehen.

Neue Begegnungsorte Insgesamt ist es uns im letzten Jahr noch bewusster geworden, dass wir neue Begegnungsräume brauchen um weiterhin in der Pandemie aktive Arbeit gestalten zu können. Eine besondere Rolle spielt für uns dabei eine Kleingartenanlage, die ans unser Quartier grenzt und in der sich die multikulturelle Vielfalt der Neustadt spiegelt. 

In den Sommermonaten hatten wir in Zusammenarbeit mit dem hiesigen Fotografen und der hiesigen Pastorin ein Fotoprojekt mit den Pächtern*innen gestaltet. Das Ziel war den Menschen zu zeigen, wie vielfältig und farbenfroh die Gärten sind. Sie sind nicht nur ökologisch wertvolle Rückzugsräume und bieten Möglichkeiten der Entspannung an, sondern haben auch Eigenerzeugung von Obst, Gemüse und Blumen. Zudem sind sie Orte der Freizeit und des Miteinanders, in denen gelebte Integration stattfindet. Vor allem in Zeiten der Pandemie sind diese Gärten für viele noch wertvoller geworden, da sie den einzigen Rückzugsort aus den Mehrfamilienhäusern bieten. 

Künftig wollen wir deswegen genau hier Präsenz zeigen und einen neuen Begegnungsraum ins Leben rufen. Mit einem 420 qm großen Gemeinschaftsgarten wollen wir den  Bewohner*innen, sowie Akteure*innen einen offenen Zugang bieten und gemeinsam neue Projekte entwickeln.

Es soll ein Zusatzraum für uns werden, der kurzfristige und unbürokratische Lösungsmöglichkeiten bietet, um Begegnungen auch unter Einhaltung von Abstandsgeboten zu ermöglichen.

Dabeigeblieben  

Die Arbeit nach dem ersten Lockdown und den ersten Lockerungen hat für uns dann im Sommer 2020 wieder eine Leichtigkeit in den Alltag gebracht. Es fanden – endlich – direkte Begegnungen statt. Die Menschen freuten sich über den persönlichen Austausch. Wir sind deswegen wieder regelmäßig in die Nachbarschaft gegangen und haben intensive Gespräche mit Bewohnern*innen geführt. Teilweise fand auch Netzwerkarbeit vor Ort wieder statt, alles natürlich Corona-konform. 

In der Zeit der aktiven Arbeit haben wir dann von den Bewohnern*innen (gerade solche, die über digitale Medien nicht erreicht werden) Rückmeldungen bekommen, dass sie uns  aus den Augenverloren hatten und teilweise auch nicht wussten, ob wir wiederkommen  würden. Insgesamt gab es eine große Erleichterung, dass wir wieder da sind. 

Nach den Sommerferien stiegen die Zahlen der Infizierten und die Arbeit wurde wieder mit dem Schatten eines dräuenden Lockdown belegt. Schnell kam bei meiner Kollegin und mir wieder das Gefühl, der „Pausenknopf“ würde zeitnah erneut aktiviert werden. Alle haben sich wieder zurückgezogen oder zurückgehalten. Erneut musste vieles abgesagt und die Kontakte reduziert werden. 

Vor dem zweiten Lockdown waren zudem die negativen Auswirkungen der Pandemie viel deutlicher im Quartier zu spüren. Viele Menschen hatten ihre Arbeit verloren, weil kleine Unternehmen insolvent gingen. Die Kurzarbeit hatte negative finanzielle Auswirkungen. Die Familien hatten Sorgen wegen der Bildung der Kinder und machten sich Gedanken um das nächste Homeschooling. Insgesamt waren die Menschen mehr „genervt“, sie waren verunsichert, sie hatten mehr Fragen. Der Bedarf an Information und Unterstützung war eher größer als geringer geworden.

Als besondere Herausforderung kam genau zu diesem Zeitpunkt dann der Sanierungsplan eines Wohnkomplexes hinzu. Der Sanierungsplan ist mit dem einem Abriss eines Wohngebäudes und dem Rückbau mehrerer weiterer Gebäude verbunden. Die Menschen, die dort leben, sind zumeist in einer äußerst prekären sozio-ökonomischen Situation. Einem Teil hiervon musste gekündigt werden, auch dies langfristig bekannt und durchaus von der Verwaltung und uns begleitet.

Trotz aller aktiver Unterstützung fiel die Kündigung und der Beginn der Sanierungsmaßnahmen natürlich genau mit Corona und den Lockdowns zusammen. Das Ergebnis ist, dass einige Bewohner*innen bis heute noch keine neue Wohnung gefunden haben und die Kündigungsfrist abläuft. Hier kommt die Begleitung durch ein quartiersmanagement definitiv an ihre Grenzen. Die betroffenen Menschen jedoch erst recht.

Fazit

Ich empfinde den zweiten Lockdown und die aktuelle Lage als deutlich anstrengender, obwohl wir im März 2020 vor unbekannteren Situationen standen. Es wird immer schwieriger Kontakt zu den Quartiersbewohnern*innen zu halten, gerade zu denjenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen. 

Zu einigen Gruppen im Quartier hat man den Bezug schon verloren, weil seit März 2020 kein Kontakt mehr besteht. 

Auch vielen Netzwerkpartnern*innen geht es so. Es fehlt Austausch und aktive Arbeit. Wir wissen nicht, wann wir unsere Arbeit wieder oder ob wir überhaupt unsere Arbeit wieder so gestalten können wie früher. 

Dementsprechend sehe ich die Pandemie ambivalent – sie hat auch positive Entwicklungen gebracht, Teams arbeiten z.T. enger zusammen, wir nutzen die neuen Medien besser, haben unsere Komfortzone verlassen, sind kreativ geworden. Aber für viele Menschen in meinem Quartier ist das Leben auch um einiges anstrengender und unsicherer geworden, gerade bei denjenigen, die es schon vorher nicht leicht hatten.

Für mich als Quartiersmanagerin bedeutet das, nicht aufgeben zu dürfen:  wir kämpfen für die Menschen, wir bleiben weiterhin aktiv. Gemeinsam mit den Menschen werden wir diese Situation weiterhin gemeinsam meistern.

Autorin: Tatjana Mik/ März 2021