Zugänge in der Kunst

Heimat und Kunst, dazu fällt vieles ein. Je nachdem, aus welchem Land man stammt denkt man vielleicht an „Rule Britannia, Britannia rule the waves“, an das Gemälde „La Liberté guidant la peuple“ von Delacroix oder aber an das Gedicht von Eichendorff. Vielleicht kommen einem auch Nationalhymnen in den Sinn, die Märsche von Sousa oder „Hoch auf dem gelben Wagen“. All diesen „künstlerischen“ Zugängen zum Thema ist eines gemeinsam: sie sind bereits etwas älter.

Die Suche nach dem Begriff Heimat in der modernen Kunst gestaltet sich schwieriger. Das mag viele Gründe haben, die Postmoderne, die globalisierte vernetzte Welt, hipper Dekonstruktivismus oder der in den Augen vieler doch etwas muffelige, nationalistisch angehauchte Begriff. Doch selbst-verständlich wird man trotzdem fündig. Ganz eklektisch sollen an dieser Stelle künstlerische Projekte zum Thema „Heimat“ vorgestellt werden.

Da gibt es z.B. die Trachtenportraits von Sebastian Wehrle, der unter dem Titel „Facing Tradition“ Menschen in Trachtenkostüme  steckt (redesigned von Jochen Scherzinger) und fotografiert. Das sieht allerdings weniger lieblich und nett aus, sondern wirkt, als ob die Brüder Grimm auf Steam-Punk treffen. „Mit diesen unkonventionellen Portraits (…) Tradition und Heimatliebe in ein neues Licht (zu) rücken (…)“ sei das Ziel, so ein Kommentar

Ohne Modelabel, dafür auch mit einer gehörigen Portion der Verfremdung durch Einsatz von Kitsch kam 2012 „What the fuck is Heimat“ daher, eine Ausstellung des Pop-Art-Künstlers Stefan Strumbel. Er stammt ebenfalls aus dem Schwarzwald und das schlug sich in seiner Ausstellung nieder. „In seinen Werken überzeichnet er Kultur- und Kultgegenstände wie Kuckucksuhren, Holzmasken oder Kruzifixe mit Stilelementen der Street- und Pop-Art und stellt sie in einen neuen, teils provokanten Kontext.“, so eine Rezension. Das Verfremden bezog sich damit ebenso auf das Folkloristische wie das Religiöse. Seit 2015 ist jedoch Schluss mit der plakativen Pop-Art, neuere Kunstwerke aus Bronze sind bewusst deutlich abstrakter gestaltet.

Mit einem vollkommen anderen Blickwinkel nähert sich die Ausstellung Heimat-Los, eine Wanderausstellung mit Portraits und Erzählungen von Geflüchteten um 1945 und heute. Erzählt wird das Schicksal von acht Menschen, die seit 1945 als Flüchtlinge nach Berlin kamen. Fotos, Lebenswege und Zitate beleuchten den Zusammenhang von Heimat in Kontext von Flucht und der Suche nach Schutz. Seit Mai 2016 reist die Wanderausstellung mit drei identischen Exponaten durch Schulen, Bibliotheken, Kirchengemeinden, Rathäusern und Unternehmen im Raum Berlin/ Brandenburg. 

Die Fachstelle für Exerzitienarbeit im Bistum Aachen präsentiert unter dem Motto „HEIMAT – vertraut und fremd“ in der City Kirche in Mönchengladbach eine Installation aus Fotografien (Manfred Körber) und Zeichnungen (Brigitte Erm). Ziel ist, den Beobachter*innen einen Spannungsbogen zu präsentieren: „Heimat gibt es immer nur im Fragment. Sie bleibt provisorisch, wie unser ganzes Leben.“ heißt es im beglei-tenden Katalog. Bewusst werden auf kleinen und großen Kuben Bilder gegen-einander gestellt, die diese Spannung präsentieren, so z.B. ein Foto eines Restaurants, unter dessen altem Titel „Ger-mania“ ein modernes Schild mit „Aphrodite Grill“ prangt. Zeichnungen vom Karneval neben Fotografien von Hochhäusern, Bilder von Satellitenschüsseln neben Skizzen von Teddybären und Fußbällen präsentieren Heimat als Augenblick, den man nicht halten kann.

So unterschiedlich die künstlerischen Zugänge zu dem Thema Heimat bzw. deren Verlust sind, so sehr ist ihnen eines gemeinsam. Sie bedienen keine Kli- schees, sondern dekonstruieren das Bild der „heilen Welt“ der Heimat, ohne diese als Bezugspunkt für Identität und Halt aufzugeben.

Autor: Patricia Jessen, 2019

Foto: Image by Michael Schwarzenberger from Pixabay